Brief an die Vorsitzende des Ausschusses für Inneres und Heimat, Frau Lindholz, MdB und ihre Antwort darauf

Stellungnahme nach der Anhörung im Innenausschuss v. 11.11.2019

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

mit Interesse, aber auch Befremden haben wir die Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und anderer Vorschriften“ am 11.11.2019 verfolgt.

Der Verband unabhängiger Schießstandsachverständiger e. V. (VuS) ist ausschließlich im Bereich der Schießstandrichtlinien, der Erst- und wiederkehrenden Regelüberprüfung von Schießstätten sowie bei Aus- und Fortbildung von Schießstandsachverständigen tätig.
Seit 2008 gibt es dazu eine gültige Rechtslage in § 27 WaffG bzw. § 12 und 16 AWaffV hinsichtlich der Schießstandsachverständigen (SSV) zur Überprüfung von Schießstätten, die von verschiedenen Seiten jedoch seit Jahren immer wieder versucht wird, aufzubrechen. Durch dieses Verhalten wurde bzw. wird die Ausbildung von neuen SSV sowie deren öffentliche Bestellung seit Jahren behindert. Dies ist inzwischen unbestritten.

Nachdem es im laufendem Gesetzgebungsverfahren, auch nach Gesprächen mit Herrn Minister Seehofer so ausgesehen hatte, als sollten hinsichtlich der Schießstandsachverständigen keine Änderungen mehr vorgenommen werden, um endlich zur Sacharbeit zurückkehren zu können, war diese Angelegenheit plötzlich auch wieder Thema der Anhörung.

Nun scheint erneut ein dritter Weg ohne öffentliche Bestellung bei den IHK’en wieder eingeführt zu werden, siehe dazu auch bereits im Vorfeld der Anhörung veröffentliche Links.

https://www.dsb.de/aktuelles/artikel/waffenrecht-bundesinnenminister-seehofer-haelt-wort-7954/

Es ist schon sehr interessant, dass die Politik der Sicherheit auf Schießstätten weniger Bedeutung beimessen und auf den Standard der 90er Jahre zurückkehren will, während überall sonst die sicherheitstechnischen Standards erhöht werden sollen.
Verweisen will ich hier nur auf die Verschärfungen bei den Baustoffen, Brandschutzauflagen, Lüftungsanlagen und die Bleistaubemissionen etc. in Schießstätten, die im Nachgang zu den Unglücksfällen der 90er Jahre auf Schießstätten erlassen wurden.

Dies war letztlich ja auch der Anlass zu den Änderungen des WaffG von 2008. In diesem Zusammenhang wurden damals auch die Anforderungen an die SSV und deren Ausbildung (vornehmlich nur noch baufachliche Berufe mit anschließender öffentlicher Bestellung) erhöht.

Warum eigentlich darf ein Nutzerverband bzw. dürfen Nutzerverbände, die Schießsport treiben und deren Schießstätten von SSV zu überprüfen sind, hierzu mitreden?
Warum eigentlich war zur Anhörung nicht ein Verband der Schießstandsachverständigen geladen, um die Sicht der SSV und die Sicherheit auf Schießstätten erläutern zu können?
Soll dem Gefälligkeitsgutachten wieder Tür und Tor geöffnet werden? Sollen Überprüfungen, wie derzeit durch die IHK‘en hinsichtlich Qualifikation, Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit etc. von SSV, nicht mehr stattfinden?
Nur so können die Ausführungen des Präsidenten des BDS während der Anhörung, was die SSV betrifft, verstanden werden.

Warum mit dem dritten Weg die berufliche Qualifikation wieder herunter geschraubt wird (DEVA: Dieser Lehrgang wendet sich nicht nur an Architekten und Ingenieure, sondern auch an Personen mit entsprechender Vorbildung (Anm.: Ja welche denn?), die eine Tätigkeit als Sachverständige für die Sicherheit von nichtmilitärischen Schießständen anstreben.), ist mir ein Rätsel?
Warum darf eine Ausbildungseinrichtung zukünftig auch gleich ihre eigene Prüfung abhalten?

https://www.deva-institut.de/index.php?PID=3

Und darüber hinaus würde in Deutschland dann mit dem dritten Weg für die SSV und einer Öffnungsklausel für die Bundesländer auch noch ein Flickenteppich von unterschiedlichen Praktiken hinsichtlich Überprüfung von Schießstätten entstehen.

Der ö.b.u.v. SSV dürfte damit außerhalb, vielleicht im Laufe der Zeit auch innerhalb Bayerns, bedeutungslos sein. Ketzerische Frage dazu: Aus welchem Grund muss sich ein in Bayern tätiger SSV zukünftig öffentlich bestellen lassen, wenn das in ganz Deutschland nicht der Fall ist bzw. darf ein nicht öffentlich bestellter SSV von außerhalb Bayerns dann auch in Bayern (Berufsfreiheit) arbeiten?

Die strengen Zulassungskriterien der IHK‘en bezüglich der technischen Vorkenntnisse der Bewerber für die Ausbildung bzw. die anschließende öffentliche Bestellung und Vereidigung zum Schießstandsachverständigen nach AWaffV § 12 Absatz 4 Nr. 1, die rechtlich abgesicherte Prüfung der persönlichen Eignung vor der Bestellung und Vereidigung und die Eingriffsmöglichkeiten der IHK zur Rücknahme der Bestellung bei Fehlverhalten unterscheiden den Sachverständigen nach Absatz 4 Nr. 1 erheblich von dem neu angedachten Verfahren. Gerade die umfangreichen und hochwertigen einschlägigen technischen Vorkenntnisse der Sachverständigen nach Absatz 4 Nr. 1 gewährleisten nach der Bestellung und Vereidigung ein hochwertiges Arbeiten,
welches gerade bei Feuerwaffen-Schießständen oder vor Gericht unabdinglich ist.

Selbst bei identischen beruflichen Vorkenntnissen für die Zulassung zur SSV-Ausbildung, die im Übrigen in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung festzuschreiben wären, fehlen bisher die rechtlichen Möglichkeiten zur umfassenden Prüfung der persönlichen Eignung und zur Untersagung der Tätigkeit bei Fehlverhalten des SSV (Art. 12 GG).

Einer privatrechtlichen Organisation fehlen bereits von vornherein die Möglichkeiten, gegenüber dem Sachverständigen in gleichem Maße eine Aufsichtspflicht zu erfüllen, wie dies einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft möglich ist. Dies gilt im Übrigen auch für ein eventuelles Aberkennungsverfahren der besonderen Sachkunde.

Der VuS ist der festen Überzeugung, dass nach wie vor allein die öffentliche Bestellung der Sachverständigen, durch die Vorabprüfung der persönlichen Eignung, der Vertrauenswürdigkeit, der geordneten Vermögensverhältnisse oder der Zuverlässigkeit z. B. hinsichtlich waffenrechtlicher Verstöße, etc., die nötige Sach- und Fachkunde gewährleistet. Dies gilt im Übrigen auch für die Gebührensicherstellung, da die ö.b.u.v. SSV in ihrer Honorierung an das JVEG (ca. 65,00 – 75,00 €/h) gebunden sind, im Gegensatz zu all denjenigen, die nicht öffentlich bestellt worden sind und die ihre Honorare aufgrund einer fehlenden Bindung frei vereinbaren können.
Insoweit sind auch die Einlassungen des DSB während der Anhörung zu den Schießstandsachverständigen und ihren Kosten völlig aus der Luft gegriffen gewesen.

Wir hoffen auf eine auf Sicherheit im Schützenwesen bedachte Entscheidung unserer Volksvertreter.

Jakob Stainer, ö.b.u.b. SSV
1. Vorstand des VuS e. V.

Der Brief an die Vorsitzende des Ausschusses für Inneres und Heimat, Frau Lindholz, MdB als pdf-Datei.

Und hier die Antwort von Frau Lindholz, MdB als pdf-Datei.